Das Rosie-Projekt / Cover: S. Fischer Verlage

Nach allen Regeln der Kunst

Graeme Simsions Debütroman „Das Rosie-Projekt“

Der Australier Graeme Simsion ist IT-Spezialist und neuerdings Schriftsteller. In seinem erzählerisch gelungenen Debütroman kokettiert er sehr charmant mit der Schrullen eines überdisziplinierten Nerds.

Don Tillman isst jeden Dienstag asiatischen Hummersalat. Für die Zubereitung kalkuliert er exakt eine Stunde und 17 Minuten ein, die Zeit zwischen 18:38 und 19:55 Uhr. Abweichungen von Essens- und Zeitplan sind nicht vorgesehen. Don arbeitet als Assistenzprofessor für Genetik an der Universität von Melbourne und organisiert alle Dinge in seinem Leben strikt auf diese disziplinierte Weise.

Er ist 39, sportlich und ein klassischer Selbstoptimierer. Stets weiß er, wieviel Zeit er für Arbeit, Nahrungsaufnahme und Schlaf einzuplanen hat, um optimale Fitness und Leistungsfähigkeit zu garantieren. Nach Möglichkeit umgibt er sich nur mit Menschen, die ihn intellektuell stimulieren. Verabredungen mit Frauen, die an ihm interessiert sein könnten, eventuell aber seinen Kompatibilitätsansprüchen nicht genügen, empfindet er als reine Zeitverschwendung.

Autor Graeme Simsion lässt seinen Debütroman „Das Rosie-Projekt“ vom Protagonisten Don selbst erzählen. Als Leser fühlt man sich dieser Figur, die alles Gefühlsmäßige aus ihrem Leben zu verbannen versucht, unwillkürlich sehr nah. Immer wieder stößt man zwischen den Zeilen auf Unsicherheit und verdrängte Emotionen. Dons unterschwellige Verletzlichkeit ist das zutiefst menschliche Gegengewicht zu seiner skurril anmutenden Zielstrebigkeit. Obwohl Don alle Leute nach Alter und Body Mass Index kategorisiert, bei Regelverstößen seiner Studenten nicht mit sich reden lässt und Gefühle von sich fernhalten will, wirkt er auf den Leser irgendwie liebenswürdig. Obwohl sein Verhalten einen befremdet und obwohl man über ihn lacht, identifiziert man sich mit ihm.

„Das Rosie-Projekt“ ist eine mal heitere, mal ernste Charakterstudie über einen krankhaft Gesunden, dem seine extreme Lernfähigkeit am Ende doch noch zu einem relativ entspannten Liebes- und Sozialleben verhilft. Während Don per selbst ausgearbeitetem Fragebogen versucht, die optimal kompatible, pünktliche, nicht rauchende Ehefrau zu ermitteln, lernt er nämlich eine Frau kennen, die genau das Gegenteil von all dem ist: Rosie arbeitet als Barkeeperin, kommt immer zu spät und raucht. Sie sucht nicht unbedingt einen Lebenspartner, sondern vor allem einen Genetiker, der ihr hilft, ihren leiblichen Vater zu finden. Don stürzt sich mit effizient organisiertem Feuereifer in das „Vater-Projekt“ und erlebt im Zuge der Ermittlungen mit Rosie zusammen so manch aberwitzige Situation. Auf diese Weise kommen sich die beiden langsam näher.

Das Rosie-Projekt / Cover: S. Fischer Verlage
Das Rosie-Projekt / Cover: S. Fischer Verlage

Und so entwickelt sich „Das Rosie-Projekt“ zu einer mustergültigen romantischen Komödie. Simision dosiert dabei Komik und Feinfühligkeit immer in der richtigen Mischung. Jede Szene, jeder Gag ist akkurat platziert. Man merkt, dass die Geschichte zunächst als Drehbuch geplant war. Graeme Simsion hatte bereits eine Karriere als IT-Spezialist hinter sich, als er beschloss, seine Fähigkeiten von nun an in einem anderen Bereich einzusetzen, und zu schreiben begann. Die Grundzüge von „Das Rosie-Projekt“ entwickelte er in einem Drehbuchseminar am Royal Melbourne Institute for Technology. Jahrelang feilte er an Plot und Charakteren, bis er 2012 das Romanmanuskript bei einem Wettbewerb vorstellte und zu Recht gewann.

Graeme Simsion: Das Rosie-Projekt, Fischer/ Krüger, 352 Seiten, 18.99 Euro