Alle Beiträge von Katrin

Der Kampf der Künstlerin

Whitney Scherers packender biografischer Roman „Die Zeit des Lichts“ über die Fotografin Lee Miller

Lee Miller, die mit dem Armschutzgitter eines Fechters posiert. Lee Miller, elfenhaft nackt vor Man Rays Schlafzimmerfenster in Paris. Lee Miller als Kriegsfotografin in grober Militäruniform. Und Lee Miller in Hitlers Badwanne in München. Diese Bilder lässt die amerikanische Journalistin Whitney Scharer in ihrem Debütroman „Die Zeit des Lichts“ vor dem inneren Auge des Lesers entstehen.

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Der Traum vom kleinbürgerlichen Glück

Nicolas Mathieus vielschichtiger Gesellschaftsroman „Wie später ihre Kinder“

Sengende Sommerhitze, die Veränderung unmöglich macht – das ist die Atmosphäre, in der Nicolas Mathieu seinen Roman „Wie später ihre Kinder“ spielen lässt. Matthieu erzählt über vier Sommer in den 1990er Jahren hinweg die Geschichte seiner jugendlicher Protagonisten und ihrer Eltern in der fiktiven lothringischen Stadt Heillange. Heillange (angelehnt an das reale Hayange) ist nach dem Niedergang der Stahlindustrie, die den Landstrich über Jahrhunderte hinweg geprägt hat, ein trostloser Ort geworden. 

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Treffpunkt bei den spanischen Anti-Regierungs-Protesten: Die Puerta del Sol in Madrid / Foto: David Adam Kess, Wikimedia commons

Lektion in Sachen Solidarität

Almudena Grandes Buch „Kleine Helden“ ist erzählerisch gesehen nicht ihr bestes, überzeugt aber in seiner Botschaft.

Die Hälfte der Leute ist arbeitslos, die andere Hälfte muss mit Gehaltskürzungen und Umsatzeinbußen zurecht kommen. Junge Leute sind froh, wenn man ihnen wenigstens einen Ausfhilfsjob anbietet. Der Bauingenieur arbeitet völlig unterbezahlt als Pförtner, die Ärztin muss jeden Tag mit der Schließung des öffentlichen Gesundheitszentrums rechnen, in dem sie angestellt ist.   Lektion in Sachen Solidarität weiterlesen

Im Untergrund

Colson Whiteheads fantastisch-realistischer Roman „Underground Railroad“

Auf der Flucht vor ihren Verfolgern fährt Cora immer wieder mit dem Zug, zuerst im Güterwaggon, dann auf einem offenen Flachwagen und schließlich in einem richtigen Passagierwagen, quer durch die amerikanischen Südstaaten, immer im Untergrund. Colson Whitehead schafft in seinem Roman „Underground Railroad“ ein allegorisches Bild. Die historische amerikanische Underground Railroad war keine Eisenbahn sondern ein Netzwerk von Fluchthelfern, mit deren Unterstützung flüchtige Sklaven im 19. Jahrhundert aus den Süd- in die Nordstaaten gelangen konnten. Whitehead macht kurzerhand ein echtes Bahnliniennetz daraus, das komplett durch unterirdische Tunnels verläuft.  Im Untergrund weiterlesen

Um Freiräume kämpfen

Theresia Enzensbergers überzeugendes Romandebüt „Blaupause“

Der Name der Autorin und der Klappentext sind vielversprechend: Theresia Enzensberger ist die Tochter von Hans Magnus Enzensberger und hat mit „Blaupause“ nach Jahren als Journalistin ihren ersten Roman veröffentlicht. Thema ist der Werdegang einer jungen Architektin am Bauhaus der 1920er Jahre. Um Freiräume kämpfen weiterlesen

Lost in Translation

Sasha Marianna Salzmanns radikaler Debütroman „Außer sich“

Alissa streunt durch Istanbul, sucht ihren Zwillingsbruder, verliebt sich in Frauen, spritzt sich Testosteron, um immer mehr Mann zu werden, um immer mehr der vermisste Bruder zu werden. Die Suche nach dem Bruder und die geschlechtliche Veränderung der Hauptfigur ziehen sich als eine Art Leitmotiv durch Sasha Marianna Salzmanns Romandebüt „Außer sich“. In ihnen kanalisiert sich eine große Sehnsucht nach verlorener Identität und Selbstbestimmung.  Lost in Translation weiterlesen

Faszinierende Abgründe

Ottessa Moshfeghs düsterer Roman „Eileen“

Die junge amerikanische Autorin beeindruckt in ihrem zweiten Roman mit einer nicht besonders liebenswürdigen Heldin. Eileen ist 24, knochendürr und ziemlich verklemmt. Sie lebt Mitte der 1960er Jahre mit ihrem alkoholkranken Vater in einem amerikanischen Ostküstenstädtchen und arbeitet in einer Justizvollzugsanstalt für jugendliche Straftäter.  Faszinierende Abgründe weiterlesen

In der Begegnung liegt die Kraft

Anna Gavaldas schöner Kurzgeschichtenband „Ab morgen wird alles anders“

„Zusammen ist man weniger allein“ heißt der wohl bekannteste Roman der französischen Bestseller-Autorin Anna Gavalda, der 2007 mit Audrey Tautou verfilmt wurde. Da finden eine magersüchtige Künstlerin, ein stotternder Aristokratensohn, ein chauvinistischer Koch und dessen Großmutter in einem Pariser Altbau zusammen – und alles wird gut. In der Begegnung liegt die Kraft weiterlesen

Der Sohn des Spielmachers

Der Journalist Arno Frank beeindruckt mit seinem autobiografischen Roman „So, und jetzt kommst du“

Côte d’Azur statt Kaiserslautern, ertragreiche Nächte im Casino statt Arbeit im Gebrauchtwagenzentrum, Nobelvilla mit Pool und Meerblick, internationale Diplomatenschule und Segelunterricht für die Kinder – so stellt sich Arno Franks Vater das Leben für sich und seine Familie vor. Und mit 300 000 Mark, für die er eigentlich für einen Kunden Autos kaufen sollte, wird dieser Traum für einige Monate Wirklichkeit. Der Sohn des Spielmachers weiterlesen