Treffpunkt bei den spanischen Anti-Regierungs-Protesten: Die Puerta del Sol in Madrid / Foto: David Adam Kess, Wikimedia commons

Lektion in Sachen Solidarität

Almudena Grandes Buch „Kleine Helden“ ist erzählerisch gesehen nicht ihr bestes, überzeugt aber in seiner Botschaft.

Die Hälfte der Leute ist arbeitslos, die andere Hälfte muss mit Gehaltskürzungen und Umsatzeinbußen zurecht kommen. Junge Leute sind froh, wenn man ihnen wenigstens einen Ausfhilfsjob anbietet. Der Bauingenieur arbeitet völlig unterbezahlt als Pförtner, die Ärztin muss jeden Tag mit der Schließung des öffentlichen Gesundheitszentrums rechnen, in dem sie angestellt ist.   Lektion in Sachen Solidarität weiterlesen

Im Untergrund

Colson Whiteheads fantastisch-realistischer Roman „Underground Railroad“

Auf der Flucht vor ihren Verfolgern fährt Cora immer wieder mit dem Zug, zuerst im Güterwaggon, dann auf einem offenen Flachwagen und schließlich in einem richtigen Passagierwagen, quer durch die amerikanischen Südstaaten, immer im Untergrund. Colson Whitehead schafft in seinem Roman „Underground Railroad“ ein allegorisches Bild. Die historische amerikanische Underground Railroad war keine Eisenbahn sondern ein Netzwerk von Fluchthelfern, mit deren Unterstützung flüchtige Sklaven im 19. Jahrhundert aus den Süd- in die Nordstaaten gelangen konnten. Whitehead macht kurzerhand ein echtes Bahnliniennetz daraus, das komplett durch unterirdische Tunnels verläuft.  Im Untergrund weiterlesen

Um Freiräume kämpfen

Theresia Enzensbergers überzeugendes Romandebüt „Blaupause“

Der Name der Autorin und der Klappentext sind vielversprechend: Theresia Enzensberger ist die Tochter von Hans Magnus Enzensberger und hat mit „Blaupause“ nach Jahren als Journalistin ihren ersten Roman veröffentlicht. Thema ist der Werdegang einer jungen Architektin am Bauhaus der 1920er Jahre. Um Freiräume kämpfen weiterlesen

Lost in Translation

Sasha Marianna Salzmanns radikaler Debütroman „Außer sich“

Alissa streunt durch Istanbul, sucht ihren Zwillingsbruder, verliebt sich in Frauen, spritzt sich Testosteron, um immer mehr Mann zu werden, um immer mehr der vermisste Bruder zu werden. Die Suche nach dem Bruder und die geschlechtliche Veränderung der Hauptfigur ziehen sich als eine Art Leitmotiv durch Sasha Marianna Salzmanns Romandebüt „Außer sich“. In ihnen kanalisiert sich eine große Sehnsucht nach verlorener Identität und Selbstbestimmung.  Lost in Translation weiterlesen

Faszinierende Abgründe

Ottessa Moshfeghs düsterer Roman „Eileen“

Die junge amerikanische Autorin beeindruckt in ihrem zweiten Roman mit einer nicht besonders liebenswürdigen Heldin. Eileen ist 24, knochendürr und ziemlich verklemmt. Sie lebt Mitte der 1960er Jahre mit ihrem alkoholkranken Vater in einem amerikanischen Ostküstenstädtchen und arbeitet in einer Justizvollzugsanstalt für jugendliche Straftäter.  Faszinierende Abgründe weiterlesen

In der Begegnung liegt die Kraft

Anna Gavaldas schöner Kurzgeschichtenband „Ab morgen wird alles anders“

„Zusammen ist man weniger allein“ heißt der wohl bekannteste Roman der französischen Bestseller-Autorin Anna Gavalda, der 2007 mit Audrey Tautou verfilmt wurde. Da finden eine magersüchtige Künstlerin, ein stotternder Aristokratensohn, ein chauvinistischer Koch und dessen Großmutter in einem Pariser Altbau zusammen – und alles wird gut. In der Begegnung liegt die Kraft weiterlesen

Der Sohn des Spielmachers

Der Journalist Arno Frank beeindruckt mit seinem autobiografischen Roman „So, und jetzt kommst du“

Côte d’Azur statt Kaiserslautern, ertragreiche Nächte im Casino statt Arbeit im Gebrauchtwagenzentrum, Nobelvilla mit Pool und Meerblick, internationale Diplomatenschule und Segelunterricht für die Kinder – so stellt sich Arno Franks Vater das Leben für sich und seine Familie vor. Und mit 300 000 Mark, für die er eigentlich für einen Kunden Autos kaufen sollte, wird dieser Traum für einige Monate Wirklichkeit. Der Sohn des Spielmachers weiterlesen

Sehnsuchtsorte der Geschichte

Pierre Jarawans kraftvoller Debütroman „Am Ende bleiben die Zedern“

Der Münchner Poetry Slammer Pierre Jarawan hat seinen ersten Roman geschrieben. Und der ist auf ziemlich viel Medieninteresse gestoßen. Besprechungen in zahlreichen regionalen und überregionalen Zeitungen, Online-Magazinen und Blogs sind ja gerade bei einem Erstlingswerk nicht selbstverständlich. Aber man kann auch konstatieren, dass Jarawan bei diesem kraftvollen poetischen Buch ziemlich viel richtig gemacht hat.  Sehnsuchtsorte der Geschichte weiterlesen

Die Unsentimentale

JoJo Moyes und ihr Roman „Ein ganz neues Leben“

Jojo Moyes‘ Bücher sind in vielen Aspekten klassische Frauenromane: Ihre Heldinnen sind immer weiblich und stecken in schwierigen Lebenssituationen, oft geht es dabei um Liebe und Selbstverwirklichung. Im Detail sind die Geschichten jedoch so vielschichtig, dass man die genretypischen Grundbausteine und ein paar kleine Klischees überhaupt nicht mehr wahrnimmt. Jetzt ist „Ein ganz neues Leben“ erschienen, die Fortsetzung von Moyes‘ Bestseller „Ein ganzes halbes Jahr“.  Die Unsentimentale weiterlesen

Altstadt von Jerusalem / Foto: Wikimedia Creative Commons - Mattes

Relativitätstheorie des Verrats

Amos Oz‘ vielschichtiger Roman „Judas“

Amos Oz hat ein berührendes Buch geschrieben, das sich auf ungewöhnliche und erfrischende Weise mit der Frage der historischen Legitimität des Staates Israels auseinandersetzt. Die Geschichte spielt in einem abgeschiedenen Jerusalemer Wohnhaus, in dem im Winter 1959/60 ein entwurzelter junger Mann, ein sarkastischer Greis und eine faszinierend-geheimnisvolle Frau mittleren Alters aufeinandertreffen. Relativitätstheorie des Verrats weiterlesen