Schlagwort-Archive: Roman

Abbildung: S. Fischer

Folgenreiche Lebensentscheidungen

Anika Landsteiners Roman „Nachts erzähle ich dir alles“ ist anspruchsvolle Unterhaltungsliteratur par excellence.

So, wie Anika Landsteiner schreibt, muss anspruchsvolle und berührende Unterhaltungsliteratur sein! „Nachts erzähle ich dir alles“ ist der dritte Roman der Münchner Schriftstellerin, Journalistin und Podcasterin, nach „Mein italienischer Vater“ und „So wie du mich kennst“. Thematisch kreist Landsteiner in ihren Büchern immer wieder um Liebe, Tod und Selbstbestimmung. Sie bearbeitet diese universellen Felder mit Leichtfüßigkeit und Lebendigkeit, ohne je trivial zu werden. 

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Von Sehnsucht und sozialer Härte

Patrick Findeis‘ Roman „Paradies und Römer“ kombiniert Sozialrealismus gekonnt mit poetischer Überhöhung und Unaufgeregtheit.

„Das Einzige, was Typen wie du und ich hinkriegen, ist, nicht da zu sein, wenn man uns braucht.“ Dieser Satz fällt ziemlich am Ende von „Paradies und Römer“ und erscheint wie ein Resümee der Geschichte. Das Buch erzählt von drei Männern und einer Frau aus einer Sozialbausiedlung im schwäbischen Heidenheim – und vom Kämpfen und Scheitern.

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Stärke und Überlebenswille

Andrea Sawatzkis berührender autobiografischer Roman „Brunnenstraße“

Andrea Sawatzki hat Schlimmes erlebt als Kind. In ihrem neuen Roman „Brunnenstraße“ erzählt die Schauspielerin und Autorin, wie sie im Alter von acht Jahren mit ihrer vormals alleinerziehenden Mutter zu ihrem Vater zieht. Was zunächst als hoffnungsvolle Perspektive erscheint, wird bald zum Martyrium: Der Vater erkrankt an Alzheimer und wird immer mehr zum Pflegefall.

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Die Kraft der Vergebung

Die vietnamesische Autorin und Journalistin Nguyễn Phan Quế Mai erzählt in ihrem ersten auf englisch veröffentlichten Roman „Der Gesang der Berge“ eine beeindruckende Familiensaga im Spiegel der vietnamesischen Geschichte.

Der Vater ist verschollen, die Mutter kehrt schwer traumatisiert aus dem Krieg zurück, der Onkel verstümmelt ohne Beine. Das Leben, das Nguyễn Phan Quế Mai in „Der Gesang der Berge“ beschreibt, ist geprägt von Verlusten und unendlichem Schmerz. Dennoch erzählt das Buch auch eine Geschichte von Hoffnung und Vergebung.

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Rachegöttin im Fiebertraum

Mit „Animal“ hat die Bestseller-Autorin Lisa Taddeo ein fesselndes und in sich schlüssiges Buch über das Lebenstrauma einer sexbessenenen Frau geschrieben.

Ein Mann, der sich aus Liebe zu einer Frau erschießt. Das weiße Kleid einer toten Mutter, das am Ende der Geschichte rot ist. Und Kojoten, die das Menstruationsblut von Frauen riechen und danach lechzen, noch bevor die Blutung überhaupt einsetzt.

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Beiläufige Tragödien und kunstvolle Schleifen

Iris Wolffs poetisch runder Roman „Die Unschärfe der Welt“

Die junge Deutsche Florentine und ihr Mann Hannes ziehen in den 1970er Jahren in ein kleines Dorf im rumänischen Banat, wo Hannes eine Stelle als evangelischer Pfarrer antritt. Sie machen in dieser Region, wo zahlreiche ethnische Gruppen zusammenleben, neue Bekanntschaften und schließen Freundschaften, bekommen ein Kind und öffnen das Pfarrhaus für Übernachtungsgäste aus der DDR. 

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Sie waren einmal eine Familie

Sandra Gugićs sehr lesenswerter Roman „Zorn und Stille“ über die inneren und äußeren Kämpfe einer serbischen Einwandererfamilie

Eine Autofahrt Richtung Norden in sommerlicher Hitze, ein Paar auf dem Weg von Jugoslawien nach Österreich, die Frau auf dem Beifahrersitz kämpft mit der Erschöpfung, bei der ersten Rast erfassen sie Beklommenheit und Zweifel an dieser Reise. Eine andere Frau bei einer Ausstellungseröffnung in einem Berliner Galerie-Loft, nach der Vernissage fotografiert sie dort ihren halbwüchsigen Bruder und ist von seiner Anwesenheit gleichermaßen überrascht und überwältigt.

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Die Einsamkeit in der Rush Hour des Lebens

Anne Hopes gelungener Roman „Was wir sind“ erzählt von drei Frauen aus der Generation, „die glaubte, alles haben zu können“

Drei Freundinnen in einem Londoner Park, unbeschwerte Stimmung – zumindest für den Moment. Damit beginnt und damit endet Anna Hopes Roman „Was wir sind“. Zwischen beiden Szenen liegen 14 Jahre – und die Rush Hour des Lebens, jener Zeitabschnitt, in dem man meint, alles schaffen, alles regeln, alles auf den Weg bringen zu müssen: Karriere, Partnerschaft, Kinder.

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Nothing left to lose

Sorj Chalandons Roman „Wilde Freude“ ist eine Parabel über Freundschaft und Selbstachtung

Vier Frauen, die wenig zu verlieren und viel zu gewinnen haben, planen, einen Juwelier zu überfallen. Bis zuletzt ist unklar, ob sie dabei geschnappt werden oder doch auf wundersame Weise entkommen. Der Plot von Sorj Chalandons Roman „Wilde Freude“ erinnert ein wenig an den deutschen Film „Bandits“, in dem Katja Riemann, Jasmin Tabatabai, Nicolette Krebitz und Jutta Hoffmann Ende der 1990er Jahre als im Rehabilitationsprogramm gegründete Band aus dem Gefängnis fliehen. 

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